MSV Buna Schkopau: Die Wiege der Olympiasieger

18.11.2023 Merseburg

Bericht der MZ vom 20.11.2023

Als Betriebssportgemeinschaft feiert der heutige MSV Buna Schkopau seine größten Erfolge. Die Fußballer spielten kurzzeitig in der DDR-Oberliga. Ein halbes Dutzend bei den „Bunesen“ ausgebildet Einzelsportler errangen olympisches Gold. Jetzt beging der Merseburger Verein seinen 75. Geburtstag – und ein Gründungsmitglied feierte mit.

Der Merseburger Sportverein (MSV) Buna Schkopau beging mit einer Festveranstaltung den 75. Jahrestag seiner Gründung. Nach Ende des fürchterlichen Zweiten Weltkrieges stand der Sport für die Menschen zunächst nicht an erster Stelle ihres Tuns. Erst langsam kam der Sportbetrieb wieder in Gang. Im Herbst 1948 kamen schließlich Fußballer, Handballer, Turner, Hockey- und Tennisspieler zusammen, um organisiert Sport zu treiben. So kam es zur Gründung der Zentralsportgemeinschaft Buna, dem Vorgänger des heutigen MSV.
Günter Brode, der letzte noch lebende Zeitzeuge der damaligen Gründungsveranstaltung, war am Samstag Ehrengast der Festveranstaltung zum 75. Geburtstag des Vereins. Brode, der am kommenden Dienstag 91 Jahre alt wird, kann sich noch genau an die Geburt des Vereins erinnern: „Sie fand im so genannten Lager in der Korbethaer Straße in Schkopau, dem alten Kinosaal G II, in unmittelbarer Nähe des Bunawerkes statt.“
Als jugendlicher Handballer war er stolz dabei zu sein und für seine weiteren sportlichen Aktivitäten eine Perspektive zu sehen. Bis zu seinem 36. Lebensjahr betrieb der als Bäckermeister tätige Brode Hand- und Faustball parallel. Erst mit 70 verabschiedete er sich als aktiver Faustballer. „Meine erste künstliche Hüfte war schuld“, gibt er schmunzelnd zu bedenken. Aber bis heute ist er immer noch nah dran am Faustball und am gesamten Verein. „Einmal Sportler, immer Sportler“, lautet sein Credo.

Neben Brode waren weitere „alte Recken“ des Vereins, der im Jahr 1950 zur Betriebssportgemeinschaft (BSG) Chemie Buna Schkopau wurde, bei der Jubiläumsveranstaltung zugegen. So gab es ein Wiedersehen mit der ehemaligen Leichtathletin Helga Behnsch, die 1952 Mitglied wurde und heute noch als Schatzmeisterin im Vorstand des MSV tätig ist. Auch die Ehrenmitglieder Klaus Rauchfuß (Handball) sowie „Leichtathletik-Guru“ Walter Knebel wurden herzlich begrüßt.

 

Andree Weber, dem seit zehn Jahren amtierenden Präsidenten des MSV, oblag es in seiner Festrede den Bogen aus der Gründungsphase bis zum heutigen Tag zu spannen. Der 61-jährige Gymnasiallehrer verwies darauf, dass dies ein schwieriges Unterfangen sei und in der Vollständigkeit nicht perfekt gelingen könne. Zunächst erinnerte er daran, welche rasante Entwicklung der Verein nach der Umbenennung in BSG und die Übernahme in die Trägerschaft der Chemischen Werke nahm. Für viele Menschen bedeutete der Sport eine Flucht aus den Alltagsproblemen nach dem Krieg.

Fortan förderten hauptamtliche Mitarbeiter in Trainingszentren die Talente und forcierten auf den eigenen Trainings- und Wettkampfstätten den Sportbetrieb. Zahlreiche Titel und Medaillen holten Aktive direkt für den Verein oder ein Leistungszentrum, in das sie von der BSG Chemie delegiert wurden. Den ersten Weltmeistertitel gewann bereits 1952 Hilde Beljan im Kegeln. Olympiagold gewannen in den 1970ern die aus im Verein großgewordene Klaus Grünke (Radsport), Martina Jäschke (Turmspringen), Uwe Heppner (Rudern) und Christina Mundt (ebenfalls Rudern). Aber auch in vielen anderen Sektionen des Vereins wurden DDR-Meistertitel oder andere Erfolge eingefahren. Aufsehen erregte so der Oberligaaufstieg der Fußballer 1981. Auch der Breiten- und Massensport wurde intensiv gefördert. Ende 1989 war 3.750 Mitglieder in 28 Abteilungen und Sportgruppen organisiert.

Nach der politischen Wende gab es auch im Sport einen Neuanfang. Hauptamtliche Stellen fielen weg, andere Finanzierungsmöglichkeiten mussten gefunden werden. Das Ehrenamt war mehr denn je gefragt. „Mit Rauchfuß und Behnsch an vorderster Front rettete sich der Verein vor der Abwicklung“, erinnerte Weber. Auch sportlich setzte man wieder Zeichen. So holten die Handball-Frauen im Land Pokal und Meisterschaft. Und nicht zu vergessen sind die Wildwasserkanuten Robert Behling und Thomas Becker, die 2017 im Zweier-Canadier Weltcup-Sieger wurden.

Heute hat der Verein, der 2009 das M (Merseburger) in den Vereinsnamen aufnahm, 510 Mitglieder in neun Abteilungen. Besonders im Faustball und Boxen hat man auch mit Blick auf den Nachwuchs eine sehr gute Entwicklung genommen. „Wir müssen uns zukunftsfähig machen und den eingeschlagenen Weg weiter bestreiten. Denn Tradition verpflichtet“, sagte Weber. „Nachwuchs- und Übungsleitergewinnung stehen im Vordergrund.“

In ihrem Grußwort bestärkte die Präsidentin des Landessportbundes (LSB), Silke Renk-Lange, den MSV darin, nicht nachzulassen und weiter zu kämpfen: „Denn der MSV tut mit seiner Arbeit auch etwas für die Gesellschaft.“

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